Sehr interessanter Artikel, der verschiedene Einflüsse beleuchtet, die Menschen idiologisieren. Mein Take away: rede mit möglichst vielen, unterschiedlich denkenden Menschen. Durch das hineinversetzen in den anderen lernt man Widersprüche auszuhalten und unterschiedliche Ideen zu betrachten.
Weil sich ihr Gehirn stark ändert, sind junge Menschen besonders anfällig für Ideologien.
Weiß ich nicht. Ideologie ist einfach nur ein anderes Wort für Weltanschauung, das hat jeder Mensch unabhängig vom Alter. Einen Beleg dafür, dass es eine Veränderung des Gehirns ist, die junge Menschen „anfälliger“ für „Ideologien“ ist, habe ich noch nicht gesehen. Das Gehirn ist im wesentlichen nur eine Ansammlung von Nervenbahnen, die unterschiedlich verbunden und unterschiedlich ausgeprägt sind. Man könnte auch argumentieren, das es die Bildung einer Ideologie ist, die die Änderung der Gehirnstruktur bewirkt.
Abgesehen davon muss eine „Anfälligkeit“ junger Menschen nicht durch biologische Ursachen begründet sein. Junge Menschen sind in der Regel ärmer, weil sie noch nicht viel Reichtum aufbauen konnten, leben häufiger zur Miete, … . Haben also weniger zu verlieren.
Eltern und Lehrkräfte können aber gegenhalten.
Nö, sie können halt andere potenziell bessere Ideologien vermitteln, aber das etablieren einer Ideologie können die nicht verhindern.
Die rechten Gangs sind extreme Beispiele für Ideologie.
Joa, finde es ein bisschen verharmlosend Faschismus mit anderen Ideologien gleichzusetzen, aber kann man sagen.
Zwar sind alle Extremisten Ideologen, aber nicht alle Ideologen auch Extremisten.
True
Ideologie ist viel weiter verbreitet als das Schlagwort vermuten lässt.
True. Jeder ist Ideologisch. Manche merken es, andere nicht. Manche Ideologien sind in sich schlüssig, andere widersprechen sich selbst.
Sie ist mehr als nur eine politische Überzeugung, sie ist eine Art zu denken, die so grundlegend ist, dass sie unsere Wahrnehmung verändert.
Das setzt voraus, das es vor der „Ideologisierung“ eine „natürliche“ Wahrnehmung gegeben hätte. Das ist nicht belegbar und eine Ideologische Annahme.
Und Kinder und Jugendliche sind dafür besonders anfällig.
Beleg?
Heute steht der Begriff für ein geschlossenes Weltbild aus Überzeugungen, Werten und Emotionen, das gesellschaftliche Entwicklungen erklärt und politische Handlungen rechtfertigt. Und wenn man den Eindruck hat, jemand vertritt eine Idee oder einen Lösungsansatz nicht deshalb, weil er sie für praktikabel oder sinnvoll hält, sondern nur, weil sie in sein Weltbild passen, nennt man ihn: einen Ideologen.
True. Ideologisch sind immer die anderen.
Die Kognitionswissenschaftlerin Leor Zmigrod geht noch weiter. Sie beschreibt Ideologie als eine Art „Denkstil“. Zmigrod gilt als die Begründerin eines neuen Wissenschaftsfelds: der politischen Neurobiologie.
In ihrem Buch „Das ideologische Gehirn“ schreibt sie: Ideologie ist eine tief verankerte Struktur, die beeinflusst, wie Menschen Informationen bewerten, interpretieren und moralisch einordnen.
Anders als einzelne politische Ansichten, die sich im Alltag wandeln können, sind Ideologien resistenter gegen Widerspruch und äußern sich oft in einer starken emotionalen Identifikation, zum Beispiel mit einer rechtsextremen Gruppe.
Wenn Ideologie ein Denkstil ist, lohnt sich der Blick in das Organ, das fürs Denken zuständig ist: das Gehirn. Und das funktioniert bei Jugendlichen anders als bei Erwachsenen.
Das Ding ist: Synaptic Pruning und die Myelinisierung folgen keinem linearen Fahrplan. Die Veränderungen beginnen meistens ab einem Alter von elf Jahren und ziehen sich oftmals bis in die Zwanziger hinein.
Manche Regionen sind schneller fertig (zum Beispiel motorische Areale), andere, wie der präfrontale Kortex, brauchen Jahre. Das ist der Teil des Gehirns, der enorm wichtig ist für Planung, Impulskontrolle, langfristiges Denken, Abwägen von Risiken, kurz: für vernünftige Entscheidungen. Und genau dieser Teil ist einer der letzten, der fertig wird.
Was ist eine „vernünftige Entscheidung“?
Für Ideologien mit ihrer „Wir gegen die anderen“-Perspektive, also extremer Ingroup-Outgroup-Orientierung, ist das der perfekte Nährboden.
Nicht jeder Ideologe hat (personalisierte) Feindbilder
Fallstudien zeigen, dass Radikalisierung fast immer im Kollektiv passiert, selten komplett allein zuhause.
Die Kognitionswissenschaftlerin Leor Zmigrod entwickelte ein Modell, das Ideologien als Ergebnis bestimmter kognitiver Voraussetzungen versteht. Wer ideologisch denkt, hat eine geringe kognitive Flexibilität, hohe Ordnungs- und Kontrollbedürfnisse und eine rigide Aufmerksamkeitsverarbeitung. Das heißt: Man fixiert sich stark auf eine bestimmte Sichtweise oder Information und blendet andere, widersprüchliche Perspektiven aus.
Auch auf das Risiko hin, jetzt wie ein „starrer Ideologe“ zu klingen: Macht das nicht jeder? Wenn hier jetzt nicht noch der Turn kommt, der sagt „und deshalb sind wir alle teilweise ideologisch“ sehr ich nicht, warum hier eine Unterscheidung in undefinierte „Ideologen“ und „Normale“ vorgenommen wird.
Die zentrale These von Zmigrod: Menschen, deren Gehirne Reize besonders kategorisch verarbeiten, neigen eher zu ideologischen Welterklärungen. Aber auch: Menschen, die einer strikten Ideologie folgen, verarbeiten Reize besonders kategorisch. Wie so oft im Gehirn scheint der Pfeil in beide Richtungen zu zeigen.
Wer verstehen will, wie aus Kindern Ideologen werden, sollte sich also die kognitiven Fähigkeiten anschauen. Eltern geben nämlich nicht nur Meinungen weiter, sie vererben Denkstile.
True. Eltern geben Ideologien weiter. Alle Eltern.
Kinder in extremistischen Familien werden oft systematisch indoktriniert: Eltern vermitteln ihre Ideologie mit allen Mitteln: Sie geben ihr Weltbild im Alltag weiter, schotten strikt von andersdenkenden Einflüssen ab und disziplinieren auch teilweise rigide.
Auch das machen in Unterschiedlichen Ausprägungen alle Eltern. Erziehung ist auch immer die Vermittlung von Werten und Interpretationsmustern und damit Ideologie.
Für mich führen diese Ergebnisse zu einer Frage: Wenn Ideologie ein Denkstil ist, sollte politische Bildung dann nicht weniger als Wissensvermittlung, sondern mehr als Denkstiltraining gedacht werden?
Indoktrination durch Interpretationsmuster statt Indoktrination durch selektive Wissensweitergabe
Wenn geringe kognitive Flexibilität, hohe Ordnungs- und Kontrollbedürfnisse und rigide Aufmerksamkeitsverarbeitung die Grundlage ideologischen Denkens sind, ist das Training genau dieser Fähigkeiten vielleicht die beste Prävention. Ein flexibles Gehirn tut sich schwer mit einer unflexiblen Ideologie.
Was ist ein „flexibles Gehirn“? Flexibel gegenüber was? Die Übernahme von sich wiedersprechenden Ideen ist nichts positives.
Gleichaltrige Kontakte außerhalb der Szene sind für ideologiegefährdete Kinder besonders wichtig, denn sie bieten häufig die einzige Korrekturmöglichkeit zur elterlichen Ideologie.
- Nicht alle Ideologen sind in Szenen. Siehe jeden Menschen, der Teil der „Mehrheitsgesellschaft“ ist.
- Aus dieser Perspektive könnte man auch dafür argumentieren, Kinder zeitweise in Szenen eintauchen zu lassen, um der Ideologie der Mehrheitsgesellschaft zu „korrigieren“
- Merkt der Autor nicht, das die Idee einer „Korrektur“ hoch ideologisch ist?
Der Begriff “Ideologie” scheint mir insbesondere im Deutschen Sprachraum (ähnlich wie “politisch rechts”) eine merkwürdig andere Verwendung zu haben als im Rest der Welt. In Amerika z.B. macht man keinen Hehl daraus, dass Kapitalismus und Neoliberalismus auch Ideologien sind, der Begriff ist erstmal wertfrei und dann gibt es die Einschätzung ob eine Ideologie jetzt gut oder schlecht ist, was selbst wieder Teil der Ideologie wird. In Deutschland verwendet man ihn fast schon als Schimpfwort oder Totschlagargument, z.B. betrachtete sich die FDP ja als “unideologisch”, weil sie ja “weiter so” will und “weiter so” ist ja keine Ideologie. Als wäre “Normal” das Gegenteil von “Ideologie”. Irgendwie bewerten wir hier alles abseits vom betretenen Pfad als negativ und die Default-Ideologie nimmt man gar nicht als solche wahr und stellt sie auf ein Podest, von dem aus alles Andere, in einem selbstverstärkenden Prozess, noch radikaler und gefährlicher und Zentrismus und reaktionäre Bestrebungen wie Tugenden wirken.
Ideologie ist eine Ansammlung von zusammenhängenden Ideen, die Weltgeschehen und Politik auf ein einfaches Modell reduzieren und damit alles erklären. Anspruch auf Wahrheit, Starrheit, Ausblenden unangenehmer Fakten, Ablehnen von Kompromissen sind wichtige Eigenschaften. Es gibt eine klare Einteilung in gut und böse: Kapitalismus böse, Ausländer böse, Grüne böse. Dabei wird dann oft auch alles was der politische Gegner gut findet abgewertet oder unter böse einsortiert.
Gedankenkette geht dann so:
Kapitalismus schlecht -> USA schlecht
Israel Freund von USA -> Israel schlecht
Iran Feind von USA und Israel -> Iran gut
Islamisten bekämpfen Israel -> Islam gut